Klaus Stöhr: Wir alle werden uns mit dem Coronavirus infizieren - Kinder bis 12 Jahre auf natürlichem Weg

Auszüge aus dem Interview auf Phönix transkribiert. Das vollständige Interview

Prof. Dr. Klaus Stöhr, Virologe, ehemaliger Leiter des WHO Influenza-Programms, Mitbegründer der Initiative Covid-Strategie

Klaus Stöhr: Das Ende der Pandemie am Anfang im Auge zu haben. Wenn am Ende der Pandemie klar ist, dass ich bestimmte Altersgruppen nicht impfen kann und das sind höchst wahrscheinlich die unter 12-jährigen oder Bestimmte, die nicht impfwillig sind, dann muss man davon ausgehen, dass man diese mit einer Impfung nicht erreicht und dann werden die sich infizieren. Je weniger von dieser Gruppe sich jetzt im Sommer infizieren von denen, desto mehr werden aus dieser Gruppe im Herbst krank werden. […]

Frage: Ist es dann aus Ihrer Sicht falsch ganz Schulklassen in Quarantäne zu schicken, wenn sich eines von diesen Kindern infiziert?

Klaus Stöhr: Das ist aus mehreren Gründen eigentlich falsch. 1. Weil die Daten ja klar belegen, es gibt ja gute Studien, z.B. aus Hessen, dass die Anzahl der Kontaktkinder in den Schulen ausgehend von einem Indexfall außerordentlich klein ist. Also hier kann man beim Testen nur der Kontaktperson schon unheimlich viel machen. Das Ganz-Klassen-in-die-Quarantäne-Schicken, geht völlig über das Ziel hinaus. Da sind jetzt sehr gute Daten da, die werden jetzt auch publiziert Anfang September.

Also aus der Richtung ist es schon falsch.

Aber im letzten Jahr hätte man sich überlegen sollen, schaffen wir es tatsächlich die Infektion wegzuhalten von den Kindern unter 12 Jahren? Was bedeutet das in der Konsequenz? Lohnt es sich, deswegen die Schulen und Kindergärten zu schließen? Denn letztendlich kann es gut sein, sehr wahrscheinlich, dass am Ende der Pandemie die unter 12 jährigen keinen Impfstoff sehen und sich höchstwahrscheinlich natürlich infizieren werden.

[…]

Wir müssen der Realität ins Auge schauen, in Zukunft wird niemand mehr fragen „Hast du einen Impfpass?“, wenn man mit dem ins Restaurant gehen will. Da wird auch niemand mehr fragen „Bist du schon geimpft und wie lange ist das schon her?, Hast du deinen Booster schon bekommen?“

Wir wissen, dass sich in Zukunft alle infizieren werden. Auch die Geimpften. Wir wissen, dass jeder der sich infiziert oder geimpft infiziert auch Virus ausscheidet und das wir mit dieser Situation leben müssen, weil die Reinfektion relativ mild ausfallen.

Und die Kinder, wie bei allen Atemwegerkrankungen auch, ausnahmslos, werden sich bis zum Alter von 12-18 Jahren auf natürlichem Weg infizieren.

Frage: Das sollten wir zulassen, dass die Kinder sich in der Masse infizieren?

Klaus Stöhr: Das ist keine Frage, dass wir das zulassen sollen. Das ist die akzeptierte, verhältnismäßige Reaktion, die in den letzten Jahrzehnten so umgesetzt wurde in Deutschland und weltweit. Da hat niemand die Frage gestellt von den über 200 akzeptierten Atemwegerkrankungen, müssen wollen können wir die Kinder impfen oder ist das verhältnismäßig. Ist das jetzt Durchseuchung? Ist das ethisch? Es war die in der Gesellschaft akzeptierte Meinung.

[…]

Wir haben aktuell die niedrigste Inzidenz europaweit und gleichzeitig bewegt man sich auf die Winterwelle zu und wenn man jetzt die Fälle, die man sowieso im Winter nicht verhindern kann, nicht zulässt, wird man die Winterwelle besonders stark machen, das ist gar keine Frage. Irgendwann werden die Leute, die sich jetzt nicht infizieren können, sich infizieren….

[…] Die Dänen haben gesagt, wenn die Inzidenz über 500 ist in den Gemeinden du über 1000 in der Stadt, dann müssen wir was unternehmen. Da hat man eine einfach Zielmarke gesetzt.

In Deutschland… Ja es gibt keinen Plan und ich kann nicht verstehen, warum gesagt wird, „Wir können keine Vorhersage treffen, weil wir nicht wissen, wie der Herbst wird!“. Man kann doch drei Szenarien erarbeiten: "Nicht so schlimm, mittel schlimm, ganz schlimm" und dann die Maßnahmen dazu und dann kann man diese diskutieren und dann auch die rechtlichen, die wirtschaftlichen, die freiheitlichen und die gesundheitlichen Auswirkungen evaluieren und dann hat man was auf dem Tisch, bevor dann der Herbst kommt. So ein Plan muss jetzt auf den Tisch!

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